Nachdem wir 2009, 2010 und 2011 jeweils ein Almcamp – also ein Barcamp auf der Alm – organisiert hatten, gab es immer wieder Nachfragen, ob es diese Veranstaltung noch einmal geben wird. Schließlich haben wir nachgegeben und ein weiteres Almcamp geplant, auch wenn die Organisation von unterwegs noch einmal beschwerlicher ist, als mit einem bestehenden Büro.
Ungewissheit
Leider war die Nachfrage nicht wie erwartet und wir hatten statt 40 Teilnehmern nur 27 auf der Anmeldeliste. Die Hüttenwirtin Maria (Leonhardhütte am Maltaberg in Kärnten) erklärte sich bereit, das Almcamp auch mit deutlich weniger Teilnehmern zu den gleichen Bedingungen durchzuführen, doch dann begannen die Absagen. Schließlich blieb nur noch ein gutes Dutzend an Almcampern übrig. Ein Desaster für alle Beteiligten. Jede Absage hat sicher jeweils einen persönlich triftigen Grund, für mich wird es aber ewig ein Rätsel bleiben, warum man bei Jobanfragen nicht sagen kann: “Da hab ich schon das Almcamp im Kalender.” Wir selbst hatten auch zwei lukrative Anfragen für diese Zeit und mussten genau das sagen: Da steht schon was im Kalender.
Die Hüttenwirtin war ganz und gar nicht begeistert, hatte sie doch alle Plätze über Monate für uns frei gehalten und ist sogar den Schritt mit weniger Teilnehmern mit uns gegangen. Und wir waren skeptisch, ob die restlichen Teilnehmer nicht noch absagen würden, wenn sie hören, dass es nicht so viele andere Teilnehmer zum Austauschen und Vernetzen geben wird. Wir wussten auch nicht, ob mit so wenigen Leuten überhaupt ein Barcamp-Gefühl entstehen kann.
Donnerstag
Also sind wir mit sehr gemischten Emotionen und ziemlich skeptisch auf den Berg gefahren. Die Location ist nach wie vor traumhaft. Der Weitblick. Die Ruhe. Die Luft. Teilweise über den Wolken sein. Runter kommen. Eine Handvoll Teilnehmer traf schon am Donnerstag ein und die illustre Runde hatte am ersten Abend sehr viel Spaß. Alte Almcamper der ersten Stunde trafen auf absolute Almcamp-Neulinge.
Freitag
Am Freitagmorgen haben wir eine kleine Wanderung unternommen und den Rest des Tages das Almgefühl genossen und auf die anderen gewartet. Der Austausch war die ganze Zeit rege und am Abend haben wir Fotos vom ersten Almcamp geschaut und in Nostalgie gebadet.
Eine Session für jeden
Absolute Neuheit war diesemal, dass tatsächlich jeder einzelne Teilnehmer seine eigene Session bekam. Wo gibt es das schon? Das Idealcamp sozusagen. Schon in den ersten Jahren bestach das Almcamp dadurch, dass jeder sich jede Session anhörte, weil es sowieso nur eine Session gab. Und so hat man über den Tellerrand geschaut und sich Sachen angehört, die man sonst wohl nie gewählt hatte. Raus aus der Filterbubble würde man da wohl sagen.
Eine weitere Steigerung zu den ersten Almcamps war auch, dass wir – auch bedingt durch den Termin – fast alle Sessions im Freien halten konnten. Diesmal haben wir viel diskutiert und philosophiert und weniger vorgetragen. Aber das ist schließlich auch Barcamp. Das kann man nicht oft genug sagen, vor allem für Neulinge: Man darf auch Fragen stellen oder einfach über eine Sache reden. Niemand muss perfekte Vorträge mit Superpräsentationen abliefern.
Unsere Sessions im Einzelnen:
Samstag
Veronika vom Flugentenblog begann mit der Frage: Was bedeutet Professionell? Angeregt durch eine Diskussion auf facebook, bei der professionelle Blogger oder Instagrammer gesucht wurden. Wir haben folgende Punkte gefunden, die für uns Professionalität ausmachen:
Recherche
Zielgruppe
Spezialisierung
Auseinadersetzung
Definition
Standards
Augenhöhe
Empathie
Briefing
Kommuniktion
Erfahrung
Gleich danach hat Günter Excel einen Video-Workshop gehalten und alle Teilnehmer auf Trab gehalten. Überall wurde gefilmt. Nicht zuletzt die vielen Tiere waren dabei geduldige Models und Mittelpunkt von zahlreichen GIFs und Filmen. Eine Auswahl gibt es auf der Facebook-Seite vom Almcamp zu sehen.
Vom bewegten Bild ging es zur Fotografie. Achim hat einen Überblick gegeben, was es an Neuheiten in diesem Bereich gibt und wir haben diskutiert, wie die Fotografie in der Zukunft aussehen wird. Wir haben die Bereiche Technik, Sehgewohnheiten und das Erlebnis beleuchtet. Hier ein paar Gedanken-Fetzen aus der Session:
· Technik erst am Anfang, rasante Weiterentwicklung, zB Lightfield Kameras oder Flüssiglinsen
· Software wird sich verbessern
· Anzahl Fotos wird steigen
· Veränderung der Sehgewohnheit
· Veränderung Berufsbild
· Fotografie als soziales Prestige
· Nische / High End
· digitales Schwelgen
· enhanced experience
Vor dem Mittagessen habe ich dann gefragt, ob der immer wieder gebrauchte Satz: “Qualität setzt sich durch.” tatsächlich stimmt. Die Antwort war: Kommt darauf an. Die Stichwörter hier waren Definition, Individualität, Longtail und die Frage nach der Messbarkeit. Also jeder begreift Qualität anders und die Definition kann sich auch mit der Zeit ändern.
Nachdem zünftigen Mittagessen erzählte Horst vom Wandern Austria Blog über sein Nachhaltigkeitsjahr, bei dem er sich selber sensibilisieren möchte für das Thema. Hier gab es viele hilfreiche Tipps und regen Austausch, was die einzelnen Teilnehmer bereits umgesetzt haben. Angefangen bei Mobilität, Kleidung, Nahrung usw.
Benjamin bot an, Fragen zu technischen Themen zu stellen, nach dem Motto “Frag den Techie!” Hier gab es vor allem Fragen zu Virtual Reality und Blockchain.
Der Wortwitzspezialist Stefan suchte in der nächsten Session mit dem Titel: “Tool-Begräbnisse und die Weisheit der Weißheit” nach Ersatz für beliebte Tools und Apps und hat dazu auch ein padlet aufgesetzt. Auch mit wenigen Leuten, kamen da schon einige Aha-Erlebnisse zustande.
Die letzte Session am ersten Tag fand schon mit dem ersten Bier in der Hand am runden Tisch statt. Freddy fragte nach wie denn ein Tag im Jahr 2030 aussieht. Hier gab es spannende Diskussionen, wie wir denn auf die Alm gekommen wären und wie unser Arbeitstag aussieht und ob es unsere Arbeit überhaupt noch gibt oder ob wir ein Grundeinkommen beziehen.
Sonntag
Am zweiten und letzten Tag haben wir dann tatsächlich mal den Beamer bemüht. Rainer hat über “Knowledge Graph” gesprochen. Notiert habe ich mir folgende Stichworte dazu:
- schema.org
- Wordlift
- kg search
- wikidata
- schemaapp.org
Heinz hat gleich anschließend und passend dazu über das Thema “Content Strategie und Content Marketing” gesprochen.
Und irgendwie kam dann die Überlegung auf, ob es in Zukunft noch Websites geben wird, wenn der Content doch jeweils an so vielen verschiedenen Stellen dem einzelnen User ausgespielt werden kann und soll.
Last but not least ging es um das Thema Influencer. Jochen hat ausführlich die Szene geschildert und erklärt worauf es in der Zusammenarbeit mit den “Reliquien des 21. Jahrhunderts” (Zitat Heinz) ankommt. Auch hier wurde leidenschaftlich diskutiert, weil wo jeder die Influencer anders wahr nimmt. Jochen glaubt jedenfalls, dass die Blase bereits geplatzt ist und ab jetzt eher auf langfristige Kooperationen gesetzt wird, statt auf den schnellen Klickhype, der kurzfristig Reichweite bringt. Das lassen wir dann jetzt mal so stehen.
Ende gut, alles gut?
Nach einem zünftigen Hütten-Mittagessen endete das Almcamp Reloaded 2018. Eine Wiederholung wird es von uns nicht geben. Auch wenn es wieder ein geniales Almcamp war und das so typische Feeling genau wieder da war. Und auch, wenn es gleich schon Nachfragen zu einem Termin in 2019 gab. Falls es jemand machen möchte, wir geben Euch gerne alle nötigen Informationen. Aber ich selber bin sehr enttäuscht, dass eine solche Organisation nicht einfach auf gesundem Menschenverstand und Vertrauen möglich ist. Jeder kann sich doch denken, was es bedeutet, wenn er sich für etwas angemeldet hat und dann nicht erscheint. Egal ob Barcamp oder Geburtstagsfeier; egal ob zig Teilnehmer oder Essen im kleinen Kreis. Man hat Vorbereitungen getroffen und sich darauf eingestellt…
Fazit
Ich selber habe vom Almcamp sehr viel mitgenommen. Wieder einmal habe ich mich bei einem neuen Dienst angemeldet: Signal . Und ich nehme sehr viel mit für unsere eigene Dienstleistung. Gehört habe ich es schon öfter und das wurde mir auf dem Almcamp mehrfach bestätigt. Wir müssen von der Lösung ausgehen. Nicht von unserem Angebot. Die nächste Zeit werden wir also daran arbeiten. Damit wir nicht mehr mit Reisebloggern oder Influencern verwechselt werden sondern gleich klar wird, für welche Probleme von Destinationen und Unternehmen wir welche Lösung anbieten.